Vergesst das Klima!

24./25. September 2022

Vergesst das Klima!

Vergesst das Klima! 150 150 Rainer Vogt

Aus gutem Grund hat die Kirche die Bergpredigt Jesu weitgehend ignoriert: „Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete auch die andere dar.“ Absurd! Obendrein soll man seine Feinde lieben, weil die Sonne keinen Unterschied zwischen Gerechten und Ungerechten macht. Untereinander verhielten sich ja selbst die Heiden friedlich, doch nur untereinander, sonst auch nicht.

Tatsächlich scheint sich derzeit wieder Heraklits Auffassung durchzusetzen, wonach der Krieg „der Vater aller Dinge“ sei. Der nämlich sorge dafür, dass es Gewinner und Verlierer gebe, also „Götter“ (an wen der Grieche da wohl dachte?), Menschen und natürlich auch Sklaven. Seit Putin die Ukraine überfallen hat, scheint mir, macht sich so etwas wie Erleichterung bemerkbar. Endlich kehren normale Verhältnisse zurück und geben dem Dasein einen Sinn. Haben nicht selbst die von Haus aus eigentlich friedliebenden Grünen bei uns rasch eingesehen, dass es ohne Waffen aussichtslos wäre, dem Aggressor die Stirn zu bieten!

Erst gestern wurden beim Pressespiegel die Risiken diskutiert, die eine Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine bedeutete. Man kam rasch überein, dass Putins Drohung mit atomarer Vergeltung nicht ernst zu nehmen sei. Schon fünfmal habe er damit gedroht. „Gefährliche Schwäche“ titelt allerdings der „SPIEGEL“ im Blick auf den übel zugerichteten Diktator. Kann man sich noch auf einen Rest von Vernunft verlassen, wenn jemand sich in  die Enge getrieben fühlt, aber auf keinen Fall als Verlierer gelten will? Einig ist man sich darin, dass mit der Teilmobilmachung sowie den Scheinreferenden in Donezk und Luhansk mit einer langen Dauer der Auseinandersetzung zu rechnen sei.

Das klingt fast tröstlich. Wenn etwas dauert, hat es keine Eile. Es ist stets das Nächstliegende, was uns drängt. Und so lange sich die Ukraine selbst wehrt und wir peinlich darauf achten, dass nicht wir, nicht die EU, nicht Deutschland in den Krieg mit Putin verwickelt werden, tritt vieles andere in den Vordergrund. Nicht lange her, dass Guthaben mit Negativzinsen belastet wurden. Jetzt sind wir mit einer in dieser Höhe bislang unbekannten Geldentwertung konfrontiert. Es droht ein kalter Winter. Viele befürchten,  sich das Heizen kaum mehr leisten können. Nicht wenigen droht Arbeitslosigkeit, Bäcker schließen, Metzger schließen, Künstler aller Sparten tun sich schwer. Gleichzeitig fehlen in Deutschland Fachkräfte.

In den Blick nehmen unsere Hoffnungsträger, Politiker sind gemeint, allerdings viel lieber den politischen Gegner als die Probleme selbst. Für jeden besteht kein Zweifel, dass die Absichten des politischen Gegners in die Irre führen. Was Habeck für richtig hält, hält Lindner für grundverkehrt. Heraus kommt dann ein lausiger Kompromiss. Das lässt sich durchaus verallgemeinern. Ins Bewusstsein dringt der Ärger, das Problem oder was sonst uns aus nächster Nähe bedrängt. Was weiter entfernt droht, lässt uns kalt und wird ohne weiteres verdrängt. Die Aktivisten der „letzten Generation“ die mit Hilfe von Sekundenkleber Verkehrshindernisse bilden, rufen nichts als Ärger und Empörung aus. Sie lenken den Blick der betroffenen Autofahrer nicht etwa aufs Klima, vielmehr auf die jeweils beabsichtigten Ziele der zwangsweise aufgehaltenen Verkehrsteilnehmer.

Vielleicht hat das wachsende Bedürfnis nach einer starken Hand, nach Führung und klaren Entscheidungen damit zu tun. Es ist ja nicht zu übersehen, dass weltweit politisch rechts orientierte Autokraten im Kommen sind, während demokratisch regierte Staaten sich auf dem Rückzug befinden. In der EU seien das sechs von siebenundzwanzig Staaten. Jetzt zählt noch Italien dazu. Neu ist die Tendenz ja eigentlich gar nicht. Die Weimarer Republik scheiterte bekanntlich nicht zuletzt am verächtlich gemachten parlamentarischen Gequassel. Andererseits zeigt ausgerechnet  Xi Jinping in China, dass dessen rigorose Null-Covid-Strategie mit millionenfach zu Hause eingesperrten Bürgern nicht unbedingt den erhofften Erfolg bringt.

Wie hat man überhaupt die Katastrophe übersehen können, nachdem sie vor ziemlich genau einem halben Jahrhundert prognostiziert wurde? Erstens ging es uns – zumindest in Deutschland – seit der Währungsreform nach dem Krieg immer besser. Auch sonst in der Welt ging es stetig aufwärts. Hunger, Armut, Kindersterblichkeit gingen weltweit zurück. Binnen achtzig Jahren vervierfachte sich die Zahl menschlicher Erdenbewohner.  Außerdem hat der technologische wie auch der wirtschaftliche Erfolg, der mit den Begriffen Fortschritt und Wachstum einhergeht, eine beinahe naturgesetzliche Qualität erworben. Auch das Vertrauen in unsere alle Probleme innovativ lösende Erfindungsgabe hat trotz aufkommender Zweifel noch kaum gelitten. Der Soziologe Andreas Reckwitz erinnert daran, dass schon Karl Löwith, der 1973 verstorbene Philosoph, dem Fortschrittsglauben eine quasi religiöse, an christliche Heilserwartungen angelehnte Qualität zuschrieb.

Inzwischen bröckelt der selbstgewisse Optimismus. Die Sorge um die von Putins Krieg bewirkte Energieknappheit scheint unerwartet plötzlich die Umkehr lieb gewordener Gewohnheiten zu bewirken. Längst vergessene oder lächerliche Tugenden machen von sich reden. Warum die Wohnung mollig warm heizen, wenn es genügt, zwei oder drei Pullover übereinander zu tragen? Warum lange und obendrein täglich duschen? Was soll das Rasen auf der Autobahn? Hundert oder 120 Sachen täten es doch auch. Warum überhaupt Autofahren? Breitere Radwege durch die Städte sind schon im Bau. Mit dem Flugzeug Ziele innerhalb Deutschlands ansteuern? Wird ein Ende finden, wenn die Bahn – wie schon ausprobiert – ihre Preise entsprechend senkt. Auch Fleisch zu essen, erhält zunehmend ein „Gschmäckle“. Man denke an die gequälten Tiere in ihren überfüllten Ställen. Oder gar daran, dass das Vieh um den halben Erdball unterwegs ist, weil sich das für irgendwen rechnet.

Dass wir problemlos, eigentlich fast unbemerkt unser Verhalten ändern können, lässt sich an mancherlei Beispielen belegen. Seit wir voneinander Abstand halten, lassen wir die Haare wachsen. Kaum mehr ein Mann rasiert sich, auch Lindner nicht. Selbst Alm-Öhis mit Rauschebärten begegnet man nicht selten. Auch Frauen verzichten gern auf den Friseur und tragen die Haare lang, je länger umso lieber.

Einst beschimpfte der Wiener Architekt Adolf Loos in seiner Streitschrift „Ornament und Verbrechen“ Tätowierte als „Verbrecher“ oder „Degenerierte“. Die allermeisten säßen im Gefängnis. Doch längst sind jüngere Zeitgenossen ohne solchen Schmuck bei uns rar geworden und gefallen sich damit. Auf dem Rückzug befindet sich auch das Deutsche. Im Zweifel macht Englisch mehr her. Es sind fast nur noch die Älteren unter uns, die sich damit schwer tun. Ein ganz eigenes Kapitel stellt das „Gendern“ dar. Einfacher wird’s nicht: LGBTIQ! Wer übersetzt das spontan? Doch die „innen“ nach kaum hörbarer Sprechpause davor sind längst unter uns. Und gerade auch das Fernsehen weiß, was sich gehört, und macht mit.

Bleibt noch das Bargeld zu erwähnen! Lasst uns daran festhalten! Das geht auch dann, wenn der Strom ausfällt!      

Herzliche Grüße!
Euer Rainer

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